Das war Ausgabe 2 von „Nachgefragt – ODH im Gespräch“

„Nachgefragt – ODH im Gespräch“ sucht den Diskurs mit Akteuren der Energiewende. Nach dem Auftakt mit Vertretern der Energie- und Klimapolitik diskutierten wir am 2. November zum Thema „Jetzt handeln – Wege zum klimaneutralen Wohnquartier“ mit Experten aus Forschung, Wohnungswirtschaft und Gebäudetechnik.

Moderator Dr. Karsten Schmidt führte durch das 90-minütige Gespräch mit Thomas Kirmayr, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau, Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer der Rheinwohnungsbau und Mitglied des GdW-Vorstands sowie Bernd Schröder, Geschäftsführer der GC-Gruppe. Dabei standen drei Themen im Mittelpunkt:

 

Ursachen der niedrigen Sanierungsquote

Trotz staatlicher Förderprogramme und einem breiten Konsens zur Dringlichkeit der Energiewende bleibt die energetische Sanierung im Bestand weit hinter den Erwartungen zurück. Statt der erforderlichen 4 Prozent stagniert die Sanierungsquote bei 1 Prozent.

Für Thomas Kirmayr fehlt es weiterhin an Anreizen, aber auch an Klarheit, welche Maßnahmen im konkreten Fall geeignet erscheinen. Doch auch auf Seiten von Planung und Umsetzung sind die Ressourcen zu limitiert. Diese Einschätzung teilt auch Thomas Hummelsbeck. In seinen Augen ist auch das Vermieter-Mieter-Dilemma ein Hemmnis, bei dem hauptsächlich Mieter von einer Sanierung profitieren. Ein geteilter CO2-Preis wäre für ihn ein deutlicher Impulsgeber und sinnvolles Steuerungselement. Um der Ressourcenfalle zu entgehen, sieht Bernd Schröder vor allem neue Geschäftsmodelle als Schlüssel, beispielsweise durch serielle Vorfertigung von Komponenten.

Wege zur CO2-Reduktion im Bestand

Bei einer Anzahl von rund 21 Millionen Bestandsgebäuden ist Sanierung eine Mammutaufgabe, die nach dem Willen der Bundesregierung bereits 2045 bis zur Klimaneutralität vollzogen sein soll. Wie also kann Klimaneutralität erreicht werden? Aus Sicht der Forschung kann nur ein breiter Mix an Maßnahmen helfen. Das niederländische Beschleunigungsmodell Energiesprong kann dabei ein protypischer Baustein von vielen sein. Ganz entscheidend ist aber, Informationen über Gebäude verfügbar zu machen, um Potenzialabschätzungen und Sanierungsentscheidungen treffen zu können. Für Bernd Schröder ist es entscheidend, schrittweise vorzugehen. Gut Dreiviertel an Einsparungen lassen sich relativ kurzfristig realisieren. Das sollte in den kommenden Jahren als Prämisse gelten, so dass der verbleibende, aber sehr komplexe Schlussstein zum klimaneutralen Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt gesetzt wird. Ohne Änderungen an der Gebäudehülle vorzunehmen, sieht Thomas Hummelsbeck keine signifikanten Einsparpotenziale für sehr alte Bestandsbauten. Eine solide Dämmung in Kombination mit grünen Energieanlagen führen bereits zu hohen Einsparungen.

Beschleuniger für Klimaneutralität

Geschwindigkeit ist gefragt. Am Forschungsfortschritt bis hin zu Reallaboren mangelt es nicht, für Thomas Kirmayr müssen diese aber in einfache, skalierbare und robuste Systemlösungen überführt werden. Bernd Schröder spricht sich für mehr Zusammenarbeit zwischen Analyse, Planung und Gewerken aus. Auch neue Rollen wie ein One-Stop-Shop, der sämtliche Akteure bündelt, bestimmen für Thomas Hummelsbeck das Tempo der Umsetzung. Einig waren sich die Diskutanten darin, dass ein Zusammenschluss zu agilen Lösungsgemeinschaften ein zentraler Treiber ist.

Drei Hashtags für die nächste Bundesregierung

„Was wären Ihre drei Wünsche an die nächste Regierung für eine gelingende Energiewende im Wohnquartier.“ Diese Frage sollten unsere Gäste in Form von Hashtags beantworten.

Thomas Kirmayr, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau

#Mutig sein
#Forschung fördern
#Neue Wegen der Umsetzung ermöglichen

Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer der Rheinwohnungsbau und Mitglied des GdW-Vorstands

#Maßstab CO2-Fußabdruck statt Primärenergiefaktor
#EVUs bei der Erreichung der Klimaziele mitverpflichten
#keine neuen Mietpreisregularien, die Investitionen hemmen

 

Bernd Schröder, Geschäftsführer der GC-Gruppe

#Einspeisezwang bei Stromüberproduktion lockern
#Nachbarschaftliche Energiegemeinschaften ermöglichen

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Thomas Kirmayr, Thomas Hummelsbeck und Bernd Schröder für die interessante Gesprächsrunde. Über 100 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten den Live-Stream, beteiligten sich an der Livebefragung und bereicherten den Diskurs mit ihren Beiträgen und Fragen im Chat. Antworten auf Fragen, die in der Session offenblieben, werden wir in diesem Blog nachreichen.

Wir sind gespannt auf den weiteren Diskurs zur Energiewende im Quartier!
Die nächste Ausgabe von „Nachgefragt – ODH im Gespräch“ findet voraussichtlich im Frühjahr 2022 statt.