Auf dem Foto sind zu sehen (von links): Beatrice Schulz, Leiterin Abteilung Technologien und Märkte beim BVES e.V.; Stefan Wenzel, Staatssekretär vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz; Frank-Christian Hinrichs, ODH-Vorstandsvorsitzender und CEO inno2grid; Frank Brachvogel, ODH-Geschäftsführer (Foto: Anika Nowak)

ODH und BVES fordern praktikable Lösungen für Energy Sharing in Deutschland

Verbände legen gemeinsames Positionspapier mit konkreten Vorschlägen vor

Berlin, 29.10.2024 – Der ODH Open District Hub e.V. und der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) e.V. haben ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht, das konkrete Vorschläge zur wirtschaftlichen und machbaren Umsetzung von Energy Sharing in Deutschland enthält. Die beiden Verbände betonen, dass die geplante Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ein entscheidender Schritt in diese Richtung ist, aber noch nicht ausreicht.

Das Energiesystem der Zukunft werde durch Dezentralisierung bestimmt und müsse auch von dort gedacht werden: Millionen von Erzeugungsanlagen und Prosumern (Produzenten und Verbraucher in einem) bildeten zunehmend das Rückgrat. „Wenn erneuerbare Energie vor Ort erzeugt und genutzt wird, sollte sie auch geteilt werden können“, so die beiden Verbände. Dies würde deutlich die Kosten für die Endverbraucher senken, auf die Akzeptanz der Energiewende einzahlen und die effiziente Nutzung der erneuerbaren Erzeugung steigern.

Zentrale Forderungen des Positionspapiers:

  • Unkomplizierter, lokaler Austausch von Energie: Mehrere Akteure – egal ob Haushalte, Unternehmen, ganze Quartiere oder darüber hinaus – sollten in der Lage sein, Energie flexibel zu erzeugen, zu speichern und zu teilen. Hierzu bedarf es standardisierter und einfacher Abrechnungs- und Marktkommunikationsprozesse.
  • Offene Teilnahme: Am Energy Sharing können Erzeuger, Verbraucher, Überschuss-Einspeiser, Direktvermarkter und Energiespeicheranlagen teilnehmen. Die Anzahl der Teilnehmer soll grundsätzlich unbegrenzt sein, um wirtschaftliche Vorteile zu realisieren.
  • Zentrale Koordinierungsstelle: Besonders am Anfang werden viele Fragen von den beteiligten Akteuren geklärt werden müssen. Es benötigt eine Koordinierungsstelle, um sicherzustellen, dass die Abläufe in der Praxis reibungslos starten und funktionieren.
  • Stärkung der Flexibilität: Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzinfrastruktur ist Flexibilität entscheidend, um schwankende Energieerzeugung und -nutzung auszugleichen – vor Ort sowie für das gesamte Energiesystem. Energiespeicher, bidirektionales Laden und Wärmepumpen spielen hierbei eine Schlüsselrolle.

 

Frank Brachvogel, ODH-Geschäftsführer: „Lokal erzeugte, erneuerbare Energie muss möglichst auch lokal ausgetauscht und verbraucht werden. Energy Sharing ist eine wichtige Grundlage für die niedrigschwellige Umsetzung der Sektorenkopplung von Strom, Wärme und Mobilität in Quartieren. Mit Energy Sharing können viele neue Akteure wie zum Beispiel Immobilieneigentümer und Privatpersonen die Energiewende vor Ort vorantreiben und davon profitieren. Es ist Zeit für den Gesetzgeber, die bislang fehlenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland zu schaffen.”

Urban Windelen, Geschäftsführer vom BVES: „Die Energiewende muss endlich von dort gedacht werden, wo sie passiert. Dezentral vom Prosumer her. Die Integration von Speichern und flexiblen Anlagen in die Konzepte für Energiegemeinschaften und Energy Sharing ist entscheidend. Sie optimieren nicht nur die Nutzung von Erzeugungskapazitäten dort, wo sie entstehen, sondern bieten auch Systemdienstleistungen, die eine zuverlässige Versorgung der Energiegemeinschaft und die Stabilität des Netzes gewährleisten. Diese Aspekte müssen nun endlich gesetzlich so verankert werden, dass Energy Sharing auch praktikabel ist und nicht nur eine Worthülse bleibt.“

Aktuell mangelt es an den passenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland, stellen ODH und BVES fest. Bestehende Konzepte für Energiegenossenschaften, Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung seien nicht ausreichend.

Jetzt soll Energy Sharing mit dem § 42c im novellierten Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) rechtlich verankert werden. Die Aufnahme von Energy Sharing in das EnWG ist ein wichtiger Schritt, betonen BVES und ODH. Einige Punkte des vorgeschlagenen Konzepts würden die Umsetzung in der Praxis erheblich erleichtern. Durch Peer-to-Peer-Verträge werde eine einfachere Abwicklung für kleinere Energy Sharing-Gemeinschaften ermöglicht. Zudem sollen vereinfachte Lieferantenpflichten gelten, und es bestehe keine Verpflichtung zur Vollversorgung. Nicht zuletzt hätten die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen bezüglich des Energy Sharing an einen Organisator zu übertragen.

Es bleiben laut ODH und BVES jedoch einige offene Fragen. Die Teilnahme mit Energiespeicheranlagen soll nur möglich sein, wenn der Speicher ausschließlich mit erneuerbaren Energien beladen ist. Dies schränke jedoch die Nutzung des vollen Potenzials der Speicher ein. Es würde somit das Ausschließlichkeitsprinzip festigen, das an anderer Stelle gerade abgeschafft werden soll.

Ein bedeutendes Manko am Gesetzesvorschlag sei die implizite Verpflichtung zur Führung eines Bilanzkreises, die auf die Teilnehmer bzw. den Organisator der Energy Sharing-Gemeinschaft entfalle. Diese Pflicht berge wirtschaftliche Risiken und stelle ein Hemmnis für die Verbreitung des Energy Sharing-Konzepts dar. Zudem seien im Entwurf keine Änderungen der Abgaben-, Umlagen- und Steuerbelastung in Verbindung mit der Teilnahme am Energy Sharing vorgesehen. Ohne Anpassungen dieser Rahmenbedingungen werde Energy Sharing im Wettbewerb mit bestehenden Vermarktungs- und Versorgungsmöglichkeiten kaum bestehen können.

Die Verbände fordern daher verstärkten Einsatz der Politik, um den Entwurf weiter auszuarbeiten und bestehende, offene Fragen zu klären, damit die Energiegemeinschaften in Deutschland zur Realität werden können. Die Verbände BVES und ODH stellen ihre Expertise dafür bereit.

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