#3 "Nachgefragt - ODH im Gespräch" - offene Zuschauerfragen

Am 6. April fand die dritte Ausgabe unserer „Nachgefragt – ODH im Gespräch“-Veranstaltung zum Thema „Energie und Mobilität zusammen denken – E-Autos als Powerbank des Quartiers“ statt. Aufgrund der Vielzahl der Zuschauerfragen konnten wir nicht alle Antworten während des Live-Steams einholen, daher reichen wir hier die noch ausstehenden Antworten unseren Gästen nach. Viel Spaß!

Wo sehen Sie die ersten, niederschwelligen Anwendungen von V2X – Wo ist das erste tragfähige Geschäftsmodell?

Stefan Ritter, Vonovia:

Ich denke, dass es „das eine“ Geschäftsmodell im Sinne der „Killer-App“ nicht gibt. Wichtig ist, dass wir die Hardwarekosten für die „bidirektionale Wallbox“ runter kriegen… etwa 2-3.000EUR für 10-20kW wäre sicher eine gute Zielgröße (ausgehend von heute 10-20.000EUR). Dann wäre es möglich, die Fahrzeugbatterie analog stationärer Batteriespeicher zu adressieren. Mögliche, „erste“ Geschäftsmodelle umfassen dann sicher V2H als Speicher einzelner Fahrzeuge „behind the meter“ für Einfamilienhäuser als Solarspeicher, V2G als Speicher mehrerer Fahrzeuge „behind the meter“ für Quartiere und Arbeitgeberparkplätze als Solarspeicher und PeakShaver (Vermeidung Netzentgelte) sowie V2G als Speicher mehrerer, verteilter Fahrzeuge als „Schwarm technischer Einheiten“ für die (Primär-) Regelleistung, also Netzstabilisierung – oder eine Kombination dieser Anwendungen.

Andrew Mack, Octopus Energy Germany:

Das erste tragfähige Geschäftsmodell sehe ich in der Bereitstellung von Nischendiensten, beispielsweise für einen bestimmten Bezirksnetzbetreiber (z. B. zur Beseitigung lokaler Engpässe) oder als reaktionsschnelle Regelleistung für das breitere Netz. Beide Beispiele können auf relativ einfache Weise monetarisiert werden. Damit die Wirtschaftlichkeit für alle Beteiligten funktioniert, ist jedoch eine kritische Masse an Fahrzeugen erforderlich – was darauf hindeutet, dass es mit einer homogenen Fahrzeugflotte am einfachsten ist, anstatt mit vielen privaten Autos.

Markus Wunsch, Netze BW:

Die ersten Anwendungen werden maßgeblich zunächst hinter dem Netzanschluss stattfinden. Im Anwendungsfall V2H/V2B erfolgt die Rückspeisung entsprechend vorerst nur ins Heim- bzw. Unternehmensnetz. Erster Ansatzpunkt kann die Erhöhung des PV-Eigenverbrauchs ohne zusätzlichen Heimspeicher sein. Voraussetzung hierfür ist, dass das E-Fahrzeug bereits in den Mittagsstunden angeschlossen ist. Weiterführend könnte mit V2H eine Optimierung der Kosten bei dynamischen Stromtarifen stattfinden, sodass in Zeiten hoher Strompreise Strom aus der Fahrzeugbatterie verwendet wird.

Welche V2X Optionen lässt das aktuelle Regulativ heute zu?

Stefan Ritter, Vonovia:

Im Grunde alle. Das ist gut, aber nicht optimal. Gut, da wir die Speicher in Fahrzeugen (innerhalb gewisser Grenzen) technisch wie stationäre Batterien betrachten können. Nicht optimal, weil der Regulierer es nach wie vor versäumt, „Speicher“ neben Erzeugung, Netzen und Lasten als 4. Säule der Stromversorgung anzuerkennen und dem Speicher-Betreiber dadurch alle Nachteile auferlegt, die sich aus der Zwangssituation Speicher=Erzeugung+Last ergeben.

Markus Wunsch, Netze BW:

Nach aktuellem Regulativ ist der Anwendungsfall V2H ohne Weiteres umsetzbar. Bei Rückspeisung ins Stromnetz (z. B. bei V2G) gilt das E-Fahrzeug Stand heute jedoch noch neben der Bezugsanlage auch als  Einspeiseanlage und muss somit EEG-Normen erfüllen. Als Erzeugungsanlage muss das E-Fahrzeug bzw. die Ladestation netzstützende Eigenschaften garantieren, sodass bei Spannungseinbrüchen oder -erhöhungen keine Gefährdung der Netzstabilität entsteht.

Wie viel Fahrzeuge muss man bereitstellen, wenn man die Präqualifikation für Primärregelleistung schaffen möchte? (Insbesondere vor dem Hintergrund, dass nicht immer alle Fahrzeuge verfügbar sind)

Stefan Ritter, Vonovia:

Eine rein EV-Schwarm-basierte PRL-Präqualifikation ist sicher recht anspruchsvoll und die statistische Verfügbarkeit mit dem zuständigen ÜNB zu besprechen. Vorteilhaft wäre es zu Beginn die Fahrzeuge als Teil eines Pools für die PRL zu Präqualifizieren. Die Anzahl errechnet sich dann letztlich aus der Größe der Technischen Einheit bzgl. Leistung und Batterie-Kapazität.

Markus Wunsch, Netze BW:

Für die Beantwortung der Frage ist der ÜNB der richtigen Ansprechpartner. Folgend unter Vorbehalt: Aus VNB Sicht haben wir noch keine gehärteten Erfahrungswerte aus der Praxis zur Erbringung von PRL aus E-Fahrzeugen. In einem ersten Projekt mit unserem ÜNB lag der Fokus auf der Sekundärregelleistung. Bei Primärregelleistung können die Anforderungen abweichen und ein Abruf folgt stärkeren Zeit- und Genauigkeitsgrenzwerten. Geht man bei einem Regelleistungsabruf von 1MW Leistung und einer Erreichbarkeit von 25% der teilnehmenden E-Fahrzeuge aus (Annahme: Lade-/Einspeiseleistung 11kW), würde hierfür ein Fahrzeugpool von mindestens 360 Fahrzeugen in der entsprechenden Regelzone benötigt werden. Die Zahlen sind allerdings stark abhängig von der Verfügbarkeit der Fahrzeuge, der Lade-/Einspeiseleistung und der minimalen Regelleistungsgröße.

Für weitere Inhalte zur Veranstaltung schauen Sie gerne in unsere Zusammenfassung der 3. Nachgefragt Veranstaltung