2. „Nachgefragt – ODH im Gespräch“ – Zuschauerfragen

Am 2. November fand die zweite Ausgabe unserer „Nachgefragt – ODH im Gespräch“-Veranstaltung zum Thema „Jetzt handeln – Wege zum klimaneutralen Wohnquartier“ statt. Aufgrund der Vielzahl der Zuschauerfragen konnten wir nicht alle Antworten während des Live-Steams einholen, daher reichen wir hier die noch ausstehenden Antworten unseren Gästen nach. Viel Spaß!

Wenn die Sanierung der TGA so elementar für einen klimaneutralen Bestand ist, was sind die Best-Practices, um die Geschwindigkeit hier zu erhöhen? (z.B. interne Task-Forces, externe Partner)

Bernd Schröder, Geschäftsführer GC-Gruppe

„Wir empfehlen einen Technischen Generalübernehmer, der sie von der Gebäudeanalyse bis hin zum Betrieb begleitet. Wir haben eine Vielzahl an energetischen Konzepten gesehen. Alle hatten eine gute technische Lösung, aber keines war betriebswirtschaftlich sinnvoll für den Investor! Alle diese Konzepte sind von Konzeptentwicklern/Planern etc. erstellt worden. Nur durch vollumfängliche oder ganzheitliche Betrachtung bekommt man sehr gute Ergebnisse.“

Die hier diskutierten standardisierten und vorgefertigten Lösungen scheinen mir sehr sinnvoll. Wird dabei heute auch schon über die Kreislaufführung end of lifecycle gedacht? Und könnte dieser Gedanke die optimale Lösung beeinflussen?

Thomas Kirmayr, Geschäftsführer Fraunhofer-Allianz Bau

„Das Thema Kreislaufwirtschaft gewinnt aktuell nicht nur aus der Umweltdiskussion, sondern auch aus der Ressourcenverfügbarkeit und ganz banal der Kosten eine zentrale Bedeutung. Gerade in der Vorfertigung mit dem Ziel einer einfachen und schnellen Montage steckt viel Potential Recycling-Prozesse ins Lösungsdesign einzubinden und auch im Sinne von Cradle2Cradle sogar daran zu denken bestimmte Materialien bewusst zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder verfügbar zu machen und zu nutzen. Hart gesagt würde ich festhalten, dass eine neue modulare Sanierungslösung, die keine klare und nachvollziehbare Antwort auf das Thema Kreislaufwirtschaft geben kann, keine Zukunft haben sollte.“

Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer Rheinwohnungsbau / Mitglied GdW-Vorstands

„Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung beinhaltet selbstverständlich auch die voraussichtliche Nutzungsdauer. Zudem gehen wir davon aus, dass nach technischem Auslauf der Lösungen es weiterentwickelte Produkte geben wird. Grundsätzlich beziehen wir insbesondere bei PV-Anlagen/Batterien die Recyclingfähigkeit der Komponenten stark ein.“

Anknüpfend an die Aussage zur externen Unterstützung die Wohnungsunternehmen benötigen (TGA etc.): Wen sehen Sie als Partner für die Erstellung zukunftsorientierter Konzepte und deren Umsetzung? Bundesweit agierende große Player, lokale etablierte Unternehmen oder Start-ups?

Bernd Schröder, Geschäftsführer GC-Gruppe

„Das können bundesweit agierende, aber auch regionale Anbieter oder Start-ups sein. Bei der Auswahl eines Partners sollten sie aber darauf achten, dass der Partner die Sanierung vollumfänglich begleiten kann. Er muss die Analyse, Machbarkeitsstudie, das Sanierungskonzept, die Umsetzung, den Betrieb (Energiemanagement, Lastabhängigkeit) und die Abrechnung (Mieterstrom) begleiten können.“

In Nahwärmenetzen mit 75°C wäre die Sektorenkopplung eine Lösung. PtH mit Wärmepumpe im Sommer (COP 1:3) und KWK im Winter. Wird über solche Lösungen nachgedacht bzw. wurde die Wirtschaftlichkeit gerechnet?

Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer Rheinwohnungsbau / Mitglied GdW-Vorstands

„Ehrlich gesagt haben wir uns mit dieser Lösung bisher nicht tiefer auseinandergesetzt. Eine Überlegung ist es allerdings bei entsprechend dimensionierten Nahwärmenetzen allemal wert.“

Wird durch serielle Sanierung das Sanieren dann auch deutlich günstiger und wo sehen Sie hier konkrete Kostenreduktionspotenziale?

Thomas Kirmayr, Geschäftsführer Fraunhofer-Allianz Bau

„Das muss das Ziel sein, jedoch denke ich, dass der Begriff „serielles“ Sanieren etwas schwer einzulösen sein wird, so dass ich lieber von „modularem und vorgefertigten Sanieren“ sprechen möchte. Grund ist, dass unsere gebaute Umwelt doch sehr unterschiedlich ist und es deshalb wenig im Sinne eine „Serie“ geben wird. Was aber möglich ist, sind neue Verfahren z.B mit 3D-Scans schnell die IST-Situation mit allen Details zu erfassen, dann unabhängig von der Baustelle die Lösungen, Produkte und Prozesse im Detail zu planen und dann schnell zu montieren.

Ein gutes Beispiel war das Heizungsmodul, dass man von einen Tag auf den anderen umschaltet. Das brauchen wir auch im Bereich der Fassaden, wo wir aktuell auch an Modullösungen forschen. Im Ergebnis muss es schneller und auch günstiger sein als eine konventionelle Sanierung. Wenn man nicht nur auf die Investitionskosten, sondern die Gesamtkosten blickt gibt es hier große Potentiale.“

Ich stimme zu, dass Geschwindigkeit und Pragmatismus wichtige Bestandteile der Klimaneutralität sind (Stichwort kfW100 statt kfW55). Gleichzeitig sehe ich die Gefahr, dass hier der Strombedarf unnötig hoch wird. Auch der Zubau der Erneuerbaren Energien geht leider nicht so schnell wie es notwendig wäre. Wie stehen Sie dazu?

Thomas Kirmayr, Geschäftsführer Fraunhofer-Allianz Bau

„Wie dargestellt gibt es hier nicht die „eine“ für alles perfekte Lösung. Auch die Wärmepumpe ist nur ein Baustein im Blumenstrauß der Möglichkeiten und vollkommen richtig, wenn wir nur eindimensional in eine technologische Richtung agieren, werden wir wieder in Sackgassen landen. Wir müssen immer die jeweilige Situation betrachten, um dann den perfekten Lösungs-Cocktail zu mixen. Wenn es Abwärme gibt, sollte man sie nutzen, wenn wir am Gebäude die nötige Energie erzeugen können, sollte das den Vorrang haben. An anderen Stellen gibt es Erdwärme oder Biomasse. Ich denke wir sollten und müssen hier weiter systemoffen vor allem aber auch transparent und zukunftsweisend agieren.“

Bernd Schröder, Geschäftsführer GC-Gruppe

„Betriebswirtschaftlich wird eine Sanierung nur Sinn machen, wenn der Strom selbst erzeugt und genutzt wird. Mieterstrom, Energiemanagement, Lastabhängige Steuerung gehören nach meiner Meinung zur Sanierung dazu. Daher auch den Technischen Generalübernehmer, der ihre Gebäude vollumfänglich analysiert.“

Haben Sie im genannten Berliner Nahwärmenetz mit einem bivalten System (Wärmepumpe und Gaskessel) sehr große Pufferspeicher (Schichtspeicher), um die WP zu integrieren? Wie wird das System technisch genau gelöst?

Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer Rheinwohnungsbau / Mitglied GdW-Vorstands

„Dieses bivalente System ist noch in der TGA-Planung. Allerdings nicht mit größeren Pufferspeichern. Den Platz benötigen wir für Frischwasserstationen zur WW-Versorgung. Aber wie gesagt, die Planung ist noch nicht abgeschlossen.“

Die Zusammenfassung des Live-Streams findet ihr im Nachbericht zu „Nachgefragt – ODH im Gespräch“.